Das Bundesverfassungsgericht ist Deutschlands höchstes Gericht. Doch wer sich das Gebäude des Bundesverfassungsgerichts ansieht, bemerkt schnell, dass es anders aussieht als andere Gerichtsgebäude. Normalerweise sehen Gerichtsgebäude einschüchternd aus, sind alt und haben viele Säulen vor dem Eingang. Das Bundesverfassungsgericht ist anders. Bewusst anders. Der Grund hierfür: Die Demokratie.
Das Bundesverfassungsgericht gibt es seit dem Jahr 1951. Ganz am Anfang bezog das Gericht eines dieser alten Gebäude mit Säulen und Verzierungen: Das Prinz-Max-Palais, ebenfalls in Karlsruhe, nur wenige hundert Meter vom heutigen Standort entfernt. Das Prinz-Max-Palais gibt es heute immer noch.
Schnell war jedoch klar: Das alte Gebäude ist nicht groß genug für das Gericht. Schon Ende der 1950er Jahre äußerte der damalige Gerichtspräsident den Wunsch nach einem Neubau. Die Wahl des Standorts fiel auf den Karlsruher Schlossbezirk. Gebaut werden sollte an der Stelle, an der früher das ehemalige Hoftheater gestanden hatte, was jedoch im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.
Der auserkorene Architekt war Paul Baumgarten aus Berlin. Für den neuen Dienstsitz des Bundesverfassungsgerichts hatte er eine Vision: Mit einer offenen Bauweise wollte er demokratische Transparenz ausdrücken. Transparenz und Würde - das war die Idee.
Dieser Gedanke, durch eine bestimmte Bauweise Demokratie zum Ausdruck zu bringen, war nicht unüblich zu dieser Zeit. Auch der neue Plenarsaal des Bundestags in Bonn war von diesem Gedanken geprägt. Man wollte sich mithilfe der Architektur abgrenzen von der Vergangenheit, insbesondere von den Nationalsozialisten, deren Bauweise Macht und Überlegenheit symbolisieren sollte. Die Bauweise der noch jungen Bundesrepublik sollte hingegen eine demokratische Architektur sein. Man nannte das auch „Demokratie als Bauherr“.
Und deshalb sieht das Bundesverfassungsgericht so aus, wie es heute aussieht. Gebaut wurde es ab dem Jahr 1965. Eröffnet wurde es im Jahr 1969. Zum Gebäude gehören mehrere Bauteile, unter anderem das Sitzungssaalgebäude, das Richtergebäude, auch Richterring genannt, in welchem die Richter ihre Büros haben, eine Bibliothek und Gebäude für die Verwaltung und die Mitarbeiter.
Herausragend und am bekanntesten ist jedoch der große Sitzungssaal, umgeben von Glas. Hier wird deutlich, was Paul Baumgarten mit dem Bau darstellen wollte: Das Gericht, die Prozessparteien und die Prozessbeobachter sollen in einem Glashaus sitzen, in welchem sie die Umgebung immer vor Augen haben. So sehen sie die Stadt und die Menschen, also das Volk, von dem die Macht ausgeht und in dessen Namen die Urteile gefällt werden. Das war die architektonische Idee.
Ob das gelungen ist oder nicht, davon kann sich übrigens jeder selbst ein Bild machen. Das Gebäude liegt im Schlossbezirk von Karlsruhe, der öffentlich zugänglich ist. Zäune oder Mauern vor dem Gericht gibt es nicht. Ein Besuch lohnt sich.